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22. Februar, 2018

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voXXclub-Produzent sieht ESC-Song ganz weit vorne

Hermann Niesig (vorne links) und voXXclub. Der Produzent hat den ESC-Beitrag der Band produziert. (Foto: earnapping/Hermann Niesig)

Die „Bild“-Zeitung sah gestern „tiefschwarz“ für die deutschen Chancen beim Eurovision Song Contest. Am Vortag waren die Songs, mit denen sich Deutschlands ESC-Kandidaten um ihr Ticket nach Lissabon bewerben wollen, vorgestellt worden. Ob die TV-Zuschauer der „Bild“-Pauschalkritik folgen, wird sich nach dem heutigen Abend zeigen, wenn im Ersten „Unser Lied für Lissabon“ über die Bühne gegangen sein wird. smalltalk sprach vorab mit Hermann Niesig, der den Beitrag „I mog di so“ der Band voXXclub produziert hat. Für ihn steht fest, „dass voXXclub sich mit ihrer starken Performance in Lederhosen international ganz nach vorne singen wird“.

Herr Niesig, was macht das Lied „I mog di so“ von voXXclub zum potenziellen Hit, der ganz Europa begeistern könnte?

Hermann Niesig: Zunächst einmal muss ich sagen, dass die Songs der Mitbewerber im Vorentscheid wirklich richtig stark sind. Wir treten nicht nur gegen gute Songs, sondern auch gegen außergewöhnliche Künstler an. voXXclub wird aber als einziger Act einen Titel auf Deutsch performen: Poppig, modern, aber trotzdem mit ganz viel Ehrlichkeit, Volksmusik und guter Laune. Ich bin mir sicher, sollten wir es nach Lissabon schaffen, dass voXXclub sich mit ihrer starken Performance in Lederhosen international ganz nach vorne singen wird.

Was unterscheidet die Arbeit an einem ESC-Beitrag eigentlich von der an anderen Produktionen?

Hermann Niesig: Die meisten Produzenten würden jetzt antworten: „James Bond Soundtrack. Mach es orchestral, epochal und groß.“ Geht auch, machen aber alle. Ich produziere nun seit 20 Jahren Musik, bei denen jeder spätestens nach dem zweiten Bassdrum-Schlag die Arme hochreißt. Mir war es wichtig, mit voXXclub einen guten Party-Track zu produzieren, auf den die Jungs eine gute Bühnen-Performance erarbeiten können und jeder mitklatschen kann, auch wenn er die Deutsche Sprache nicht versteht.

Apropos Deutsch: Deutschsprachige Musik wurde Jahrzehnte lang von der hiesigen Popszene in vielen Fällen nicht besonders ernst genommen. Das ist heute anders. Woran liegt das?

Hermann Niesig: Deutschsprachige Rock- und Pop-Musik von Udo Lindenberg oder den Fanta 4 war ja schon immer da, sobald es aber etwas gefühlvoller und leiser wurde, war es immer irgendwie alles gleich „Schlager“. Das kann zum einen daran gelegen haben, dass Schlager total spießig und eher volkstümlich produziert wurde oder die „coolen Acts“ von damals ihre besten Jahre bereits lange hinter sich hatten. In den letzten Jahren haben sich beide Welten aber einander angenähert: Die deutsche Popmusik ist weicher und eingängiger geworden, der Schlager jünger und cooler. Ich wüsste nicht, wo ich jetzt da die Grenze ziehen sollte.

Sie gehören zu den erfolgreichsten deutschen Musikproduzenten der letzten Jahre. Ihre Produktionen wurden mehrfach mit Gold und Platin ausgezeichnet, es gab zwei ECHO-Nominierungen und die „Krone der Volksmusik“. Offenbar kennen Sie das Geheimrezept für den Hit-Sound. Wie lautet es?

Hermann Niesig: (lacht) Wenn ich das gefunden hätte, würde ich schon längst in der Sonne liegen und meine Sportwagen zählen. Nein, Spaß beiseite: Man braucht einen guten, zuverlässigen, fleißigen Künstler und den richtigen Song. Man muss einen noch nie da gewesenen Sound finden und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Ach ja, etwas Glück sollte man auch haben. Man kann einen Hit nicht erzwingen, daran sind schon viele große Plattenfirmen gescheitert. Was sich aber am Ende des Tages immer durchsetzen wird, sind Fleiß, harte Arbeit und Qualität.

Früher verkaufte man mit Konzerten die Tonträger eines Künstlers. Heute ist es umgekehrt. Wie hat sich dadurch Ihre Arbeit als Produzent verändert?

Hermann Niesig: Das Konsumverhalten der Zielgruppe hat der Industrie vor allem personelle Veränderungen gebracht. Früher war Produzent sein noch ein Beruf, heute ist es eine Berufung und hat mit dem klassischen Job eines Produzenten von vor noch zehn oder 20 Jahren nichts mehr zu tun. Die Anforderungen sind wesentlich schwieriger, aber auch herausfordernder geworden. Man braucht viel Durchhaltevermögen und verdammt starke Nerven, um mit dem Tempo mithalten und dem Leistungsdruck der Branche sieben Tage die Woche standhalten zu können. 70 Prozent meines Tages verbringe ich im Büro und nur noch 30 Prozent im Studio, aber in kaum einem anderen Job kann man seiner Kreativität so freien Lauf lassen wie als Musikproduzent. Wer will da schon tauschen?



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ronald paul yandere