Awards Die polnisch-amerikanische Historikerin Anne Applebaum nimmt die Auswirkungen von Desinformation und Propaganda in den Blick. Dafür wurde sie vom Stiftungsrat des Börsenvereins zur Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels 2024 gewählt. Die Verleihung folgt im Oktober. (Foto: Börsenverein des Deutschen Buchhandels/Maciej Zienkiewicz)

25. Juni, 2024

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Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht an Anne Applebaum

Die polnisch-amerikanische Historikerin Anne Applebaum nimmt die Auswirkungen von Desinformation und Propaganda in den Blick. Dafür wurde sie vom Stiftungsrat des Börsenvereins zur Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels 2024 gewählt. Die Verleihung folgt im Oktober.

Das Kinderbuch „Wickie und die starken Männer“ erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Vor allem aber sind die Geschichten des Schweden Runer Jonsson als Zeichentrickserie bekannt geworden. Doch während der in den 60ern erfundene Titelheld Wickie die starken Männer rund um die behelmte Vaterfigur Halvar regelmäßig als eher schwache Männer entlarvt (meist, ohne das die das merken), sieht die Wirklichkeit der 20er-Jahre unseres Jahrhunderts mittlerweile anders aus.

Vielen Menschen gelten sogenannte „Starke Männer“ an der Spitze ganzer Staaten als Alternative zur eigentlich bewährten Demokratie. Die polnisch-amerikanische Historikerin Anne Applebaum nimmt dieses Phänomen klug und hellsichtig unter die Lupe und schreibt darüber Bücher, die, so darf man hoffen, so erfolgreich sind, wie dies der auf ihnen häufig haftende Aufkleber „Spiegel Bestseller“, vermuten lässt.

„Die Verlockung des Autoritären. Warum antidemokratische Herrschaft so populär geworden ist“ ist eines dieser Bücher. Oder „Die Achse der Autokraten. Korruption, Kontrolle, Propaganda: Wie Diktatoren sich gegenseitig an der Macht halten“. Anne Applebaum öffnet ihren Leserinnen und Lesern die Augen. Sie hilft dabei, die Gefahren, die gegenwärtig unsere Demokratien bedrohen, genauer in den Blick zu nehmen. Dafür wird sie in diesem Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet und folgt damit auf prominente Autoren wie Salman Rushdie, Serhij Zhadan und Tsitsi Dangarembga, die in den vergangenen drei Jahren geehrt wurden.

„Mit ihren Forschungen zur Wechselwirkung von Ökonomie und Demokratie sowie zu den Auswirkungen von Desinformation und Propaganda auf demokratische Gesellschaften zeigt sie auf, wie fragil diese sind – besonders wenn Demokratien von innen, durch Wahlerfolge von Autokraten, ausgehöhlt werden“, so die Jury in ihrer Begründung. „In einer Zeit, in der die demokratischen Errungenschaften und Werte zunehmend karikiert und attackiert werden, wird ihr Werk zu einem eminent wichtigen Beitrag für die Bewahrung von Demokratie und Frieden.“

Die 59-jährige Autorin wurde in Washington D.C. geboren, lebt aber mit Unterbrechungen seit Jahrzehnten in Polen. Sie ist mit dem derzeitigen polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski verheiratet und Mutter von zwei Söhnen. Applebaum gilt als Expertin für osteuropäischen Geschichte und warnte schon früh vor Wladimir Putins Expansionspolitik. 2019 erschien ihr Buch „Roter Hunger“, in dem sie über den Holodomor schrieb, jene durch Stalin erzwungene Hungerkatastrophe, die mehr als drei Millionen Ukrainern Anfang der 1930er-Jahre das Leben kostete.

Zu ihren bekanntesten Werken zählen außerdem u.a. „Der Gulag“ (2003) und „Der Eiserne Vorhang“ (2012). Anne Applebaum wurde u.a. 2004 mit dem Pulitzer-Preis und zuletzt mit dem Carl-von-Ossietzky-Preis 2024 geehrt. Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wird sie am 20. Oktober im Rahmen der Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche entgegennehmen. Die Verleihung wird live ab 10:45 Uhr im Ersten übertragen.

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