10. Mai, 2017
0National Geographic setzt auf allen Ebenen auf Wissensvermittlung
10. Mai 2017 – Der TV-Sender National Geographic steht für hochwertige Dokumentationen. Mit „Genius: Einstein“ wurde jetzt erstmals ein rein fiktionales Format ins Programm genommen. Morgen Abend um 21:00 Uhr läuft die dritte Folge der Dramaserie mit Oscarpreisträger Geoffrey Rush in der Titelrolle. Den jungen Albert Einstein spielt der britische Schauspieler und Musiker Johnny Flynn. smalltalk sprach mit Axel Gundolf, dem Director TV der Fox Networks Group Germany und Programmverantwortlichen von National Geographic, über fiktionale Serienprogramme und u.a. über die Frage, wie die Beschäftigung mit National Geographic-Themen sein Privatleben verändert.
smalltalk: Herr Gundolf, mit „Genius: Einstein“ haben Sie jetzt erstmals ein rein fiktionales Format ins Programm genommen. Wie kam es zu diesem Schritt?
Axel Gundolf: Das stimmt, traditionell steht National Geographic im Fernsehbereich für hochwertige Dokumentationen. Mit der Dramaserie „Genius: Einstein“ schlagen wir aktuell in der langen erfolgreichen Geschichte des Senders ein neues Kapitel auf. Rein inhaltlich passt die Serie natürlich auch ideal zu National Geographic, es ist ja nicht einfach eine x-beliebige Sitcom. Wir freuen uns wirklich sehr, dass gerade dieser spannende Stoff um einen der größten Wissenschaftler aller Zeiten die Basis für unsere erste komplett geskriptete Serie ist. Umso schöner, dass mit den Machern Ron Howard und Brian Grazer zwei absolute Hollywood-Schwergewichte hinter dem Projekt stehen. Zudem ist der brillante Geoffrey Rush wie geschaffen für diese Rolle. Mich reizt besonders, dass wir neben der wissenschaftlichen auch die wenig beachtete private Seite des genialen Physikers Albert Einstein kennenlernen dürfen.
smalltalk: Leopold von Ranke hat einmal gesagt, die Aufgabe, des Historikers sei es, aufzuzeigen, „wie es eigentlich gewesen“ sei. Bei „Genius: Einstein“ handelt es sich vor allem um einen historischen Stoff. Welche Vorteile hat das fiktionale Erzählen gegenüber dem dokumentarischen? Kann eine Fiction-Serie überhaupt erzählen, wie es eigentlich gewesen ist?
Axel Gundolf: (lacht) Ich würde niemals einem großen Historiker wie Herrn von Ranke widersprechen. Nur unterscheidet sich unsere Aufgabe ja von der eines Historikers. National Geographic setzt auf allen Ebenen – sei es im TV, im Print-Magazin oder in weiteren Geschäftsbereichen – einen großen Fokus auf die Wissensvermittlung. Dass diese auch Teil einer unterhaltsamen Fiction-Serie mit einer großen Portion Drama sein kann, zeigt „Genius: Einstein“ ganz eindeutig. Die Forschungen und bahnbrechenden Erkenntnisse von Albert Einstein werden nicht nur so nebenbei miterzählt. Da steckt eine Menge Liebe auch zum wissenschaftlichen Detail drin.
smalltalk: Ist „Genius: Einstein“ ein einmaliges Projekt oder dürfen wir in dieser Richtung weitere Programme erwarten? Wie sehen die Zukunftsplanungen im Bereich fiktiver Produktionen wie Serien oder Mehrteiler für National Geographic aus?
Axel Gundolf: Wir haben ja bereits im letzten Herbst mit der vielbeachteten Serienproduktion „Mars“ erstmals eine Mischung aus fiktiver Dramaerzählung und klassischer Dokumentation präsentiert. Diese Serie wird im nächsten Jahr eine zweite Staffel bekommen. Und auch das Format „Genius“ ist mit dem Staffelfinale am 29. Juni nicht beendet. Auch hier ist die Produktion einer zweiten Staffel bereits bestätigt, in der dann der Fokus auf eine andere geniale Persönlichkeit der Weltgeschichte gelegt wird. Wer das sein wird, darf ich aber noch nicht verraten. Im Herbst freuen wir uns außerdem auf „Long Road Home“, eine fiktionale Kriegs-Dramaserie. In der Hauptrolle übrigens mit Michael Kelly, den wir unter anderem von „House of Cards“ kennen.
smalltalk: Welche Voraussetzungen muss ein Stoff mitbringen, um zu einer National Geographic-Serie zu werden? Wann landet er bei National Geographic, wann beim Schwestersender FOX?
Axel Gundolf: Fox und National Geographic sind klar positionierte Sendermarken. Der Fox Claim lautet „The Best. First“ und das ist auch Programm. Wir zeigen gefeierte Serien meist weniger als 24 Stunden nach der US-Premiere, wahlweise im englischen Original oder auf Deutsch. National Geographic hat eine knapp 130-jährige Geschichte und der TV-Sender zeigt hauptsächlich hochwertige Dokumentation und Reportagen aus den Bereichen Forschung, Abenteuer und Wissen. Die Sender haben also aufgrund ihrer Positionierung sehr unterschiedliche Zielgruppen, die entsprechend mit Inhalten bedient werden.
smalltalk: Ist auch der umgekehrte Fall denkbar, dass Fox demnächst serienbegleitende Dokus ins Programm nimmt? Vom Leben Leonardo da Vincis bis zur Hip-Hop-Szene Atlantas bieten die FOX-Serien schließlich jede Menge Stoff.
Axel Gundolf: Denkbar ist vieles, allerdings erwarten unsere Zuschauer auf Fox vor allem hochwertige Dramaserien, und die bekommen Sie von uns unter anderem mit der von Ihnen genannten Serie „Atlanta“ oder „Legion“ auch geboten – von „The Walking Dead“, „Suits“, „Outcast“ und anderen tollen Serien mal ganz abgesehen. Unsere Programmstrategie und Sendervielfalt erlaubt es uns aber, dass wir zum Beispiel auf National Geographic zum Start einer bestimmten Fox-Serie inhaltlich passende Dokumentationen zeigen. Und auch im On-Demand-Bereich bieten wir redaktionelle Specials an, die die Inhalte bündeln und von den Zuschauern sehr gut angenommen werden.
smalltalk: Bei „Babylon Berlin“ arbeitet Sky eng mit der ARD zusammen. Sind derartige Kooperationen auch bei FOX/National Geographic vorstellbar?
Axel Gundolf: Wir sind immer offen für spannende Kooperationen. Ein tolles Beispiel für eine erfolgreiche und auf den ersten Blick ungewöhnliche Kooperation ist unsere Zusammenarbeit mit RTL II bei „The Walking Dead“. Bereits zum zweiten Mal haben wir hier im Bereich Marketing kooperiert. Zum Start der siebten Staffel im Pay-TV und sechsten Staffel im Free-TV haben wir das erste Facebook-Live-Game durchgeführt – ein absoluter Social-Media-Hit.
smalltalk: Amazon hat bereits mit „You Are Wanted” eine erste eigene deutsche Produktion ins Rennen geschickt. Im Herbst soll bei Netflix „Dark“ von Wiedemann und Berg starten. Könnten Planungen für Serienproduktionen speziell für den deutschen Markt in Zukunft auch für FOX/National Geographic relevant sein?
Axel Gundolf: Momentan stehen lokale Eigenproduktionen bei uns ehrlicherweise nicht ganz oben auf der Prio-Liste. Dafür ist der internationale Output, den wir durch unser großartiges Netzwerk erhalten, einfach zu gut. Ich persönlich freue mich schon riesig auf unsere erste europäische Fox Serienproduktion „Deep State“ mit Mark Strong in der Hauptrolle. Die Dreharbeiten beginnen noch diesen Monat.
smalltalk: Zurück zu National Geographic. Was ist dort 2017 noch zu erwarten?
Axel Gundolf: Wir haben im Laufe des Jahres noch einige Highlights, auf die sich die Zuschauer freuen können. Besonders beeindruckend und beklemmend zugleich ist die deutsche TV-Premiere der Dokumentation „Krieg und Terror – In der Hölle Syriens“ von dem oscar-nominierten Filmemacher Sebastian Junger, die wir am 17.Juni um 21.00 Uhr zeigen werden. Nicht weniger brisant ist das Thema der Dokumentation „Weg aus der Asche“, die am 1. Juli bei uns ihre Deutschlandpremiere feiern wird und sich mit den verheerenden Folgen des Kohleabbaus zur Energiegewinnung beschäftigt. Außerdem lohnt sich für Tierfreunde immer der Blick auf unseren zweiten National Geographic Sender Nat Geo Wild.
smalltalk: In der Vergangenheit haben sowohl FOX als auch die National Geographic-Sender immer wieder durch spektakuläre Aktionen, teils unter Einbindung von Hollywoodstars, für Aufmerksamkeit gesorgt. Welche öffentlichkeitswirksamen Events erwarten uns 2017?
Axel Gundolf: National Geographic hat zum Glück tatsächlich immer wieder den Mut, ungewöhnliche Wege zu gehen und mit herausragenden Partnern die Themen aufzugreifen, die heute relevant sind. Eine solche Partnerschaft ist aktuell die mit Rap-Superstar Jay Z, mit dem National Geographic ein Format zum Thema Rassismus umsetzt. Das wird mit Sicherheit hochinteressant und ist eins von vielen Beispielen für die innovative Arbeit von FOX und National Geographic.
smalltalk: Eine persönliche Frage zum Abschluss: Hat die Arbeit rund um National Geographic-Themen wie Wissenschaft, Natur und Umwelt Auswirkungen auf Ihr Privatleben?
Axel Gundolf: Es ist ein toller Nebeneffekt meines Jobs, dass ich jeden Tag etwas lerne. Gerade heute habe ich eine Doku über die bahnbrechenden wissenschaftlichen Ansätze zur Überwindung der menschlichen Sterblichkeit gesehen. Das war unglaublich faszinierend. Und unsere zahlreichen Dokumentationen zum Klimawandel haben zum Beispiel ganz praktisch dazu geführt, dass ich meinen Fleischkonsum deutlich reduziert habe. Man kann also durch National Geographic tatsächlich zu einem besseren Menschen werden (lacht).
smalltalk: Herr Gundolf, vielen Dank für das Interview.
Foto: Axel Gundolf © Fox Networks Group Germany