Kolumne Bei „Maischberger“ charakterisierte sich Kulturstaatsminister Wolfram Weimer als Vertreter des liberalen Bürgertums. Nächste Woche ist er 100 Tage im Amt. Was ist bis jetzt passiert? Für die Filmförderung gibt es einen Rekordbetrag. Doch was ist mit der Musik? Und fördert der neue Mann für Schönes, Wahres und Gutes nur noch Hochkultur? Kick-Media-Vorstandschef Alexander Elbertzhagen macht sich so seine Gedanken über das Thema Kulturförderung. Die Entscheidung des Landes Berlin, die schon traditionelle Silvesterfeier am Brandenburger Tor nicht mehr zu fördern, hält er auf jeden Fall für falsch. (Fotos: Stephan Pick/WDR/Oliver Ziebe)

9. August, 2025

0

Wolfram Weimer: 100 Tage Kulturstaatsminister

Bei „Maischberger“ charakterisierte sich Kulturstaatsminister Wolfram Weimer als Vertreter des liberalen Bürgertums. Nächste Woche ist er 100 Tage im Amt. Was ist bis jetzt passiert? Für die Filmförderung gibt es einen Rekordbetrag. Doch was ist mit der Musik? Und fördert der neue Mann für Schönes, Wahres und Gutes nur noch Hochkultur? Kick-Media-Vorstandschef Alexander Elbertzhagen macht sich so seine Gedanken über das Thema Kulturförderung. Die Entscheidung des Landes Berlin, die schon traditionelle Silvesterfeier am Brandenburger Tor nicht mehr zu fördern, hält er auf jeden Fall für falsch.

Liebe Freundinnen und Freunde des smalltalk,

es gibt Geld. Für die Kultur. Und zwar so viel wie nie zuvor. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer stehen im nächsten Jahr 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das ist der höchste Kulturhaushalt aller Zeiten. Schon für das laufende Jahr ist das Budget beachtlich: 2,25 Milliarden. Wozu das gut ist? Zur Förderung der „geistigen Infrastruktur unserer Demokratie“, wie das der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien in einer Pressemitteilung nannte.

Doch was gehört aus der Sicht von Merz‘ oberstem Kulturmanager zu dieser immateriellen Grundausstattung unseres Landes? Klassische linke Beiträge sind wohl nicht zu erwarten. Auch wenn er beispielsweise ein Haus wie die Kulturfabrik Kampnagel in Hamburg ausdrücklich fördern will. In der ARD-Sendung „Maischberger“ bezeichnete sich der bisherige Publizist, der vor ein paar Jahren eine Schrift mit dem Titel „Das konservative Manifest: Zehn Gebote der neuen Bürgerlichkeit“ verfasste, Ende Juni selbst einmal mehr als Mann des liberalen Bürgertums. Was das in der konkreten Politik eines parteilosen Politikers bedeutet, bleibt abzuwarten. Gendern ist im Kanzleramt jedenfalls passé, wie er jetzt der „Bild am Sonntag“ verriet.

In seiner Antrittsrede im Bundestag sagte er im Mai, dass die Kulturpolitik der Regierung Merz weder nach links noch nach rechts rücke, sondern auf die „offene Bühne und nicht auf die geschlossene Gesellschaft“ setze. Kultur dürfe „keine subventionierte Assistentin des Staates sein“ und die Kunst sei eine „Tochter der Freiheit“. Klingt gut. Ist ja auch von Friedrich Schiller.

Für griffige Schlagzeilen sorgte Wolfram Weimer unlängst mit großen Zahlen vor allem im Bereich Film. Demnach werden die Mittel für die Filmförderung 2026 auf 250 Millionen Euro fast verdoppelt. Die Filmbranche freut sich. Aber was ist mit den anderen Künsten? Musik beispielsweise bekommt bislang kein großes Stück vom Kuchen ab.

Wolfram Weimer und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dürften in jedem Fall tausende Anfragen und Anträge vorliegen. Ob jetzt nur noch bürgerliche Hochkultur gefördert wird, weil ein Staatsminister wie jeder andere auch von den kulturellen Vorlieben seines Umfelds geprägt ist, muss sich noch zeigen. Ich habe nur manchmal den Eindruck, dass Menschen in Weimers Position ihre eigenen Präferenzen mit denen der Bevölkerung verwechseln. Beispielsweise merkte man Vorgängerin Claudia Roth durchaus an, dass sie als ehemalige Managerin der Band Ton Steine Scherben und deren charismatischen Frontmanns Rio Reiser sehr vom „König von Deutschland“ inspiriert war.

In ihrer Rolle als Staatsministerin habe ich Claudia Roth bei mehreren Gelegenheiten erlebt. Bei der Berlinale zum Beispiel. Und auch beim Reeperbahn Festival. Da hielt sie zuletzt eine sehr temperamentvolle und überzeugende Rede. Mitte September dürfte Wolfram Weimer dann beim nächsten Reeperbahn Festival sprechen. Da werde ich dann erfahren, wo die Unterschiede sind und welche Schwerpunkte er mit welchen Argumenten setzt.

Bis dahin wünsche ich dem politisch wohl eher unerfahrenen und in der Kulturbranche bis dato wenig vernetzten Wolfram Weimer die glückliche Hand, die man für die Aufgaben eines Kulturstaatsministers braucht. Dass der Job als oberster Kulturpolitiker nicht der einfachste ist, musste schließlich auch mein guter Bekannter Joe Chialo erfahren. Als Kultursenator des Landes Berlin ist er leider am politischen Alltag gescheitert.

Apropos Berlin, wenn die Entscheidung des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU), die Förderung der diesjährigen Silvesterparty am Brandenburger Tor zu streichen, eine kulturpolitisch richtungsweisende sein soll, dann wünsche ich mir, dass dies nicht die Richtung ist, die Wolfram Weimer einschlägt. Das Argument, so eine Party müsse man nicht mit Steuergeldern fördern, klingt in den Ohren vieler zunächst gut und einleuchtend. Doch hat Wegner vergessen, welche Strahlkraft diese Veranstaltung in den vergangenen Jahren weit über Deutschland hinaus entfaltet hat?

Wie viele Menschen sind wegen Silvester nach Berlin gekommen! Wäre das nicht in einem Etat für Tourismusförderung zu verbuchen? Und diese Förderung ist mittlerweile wohl auch nötig, wie Burkhard Kieker, Geschäftsführer von Visit Berlin, diese Woche der „FAZ“ verriet. Ich habe meine Silvesterreise nach Berlin jedenfalls abgesagt – nachdem ich 20 Jahre lang immer am Brandenburger Tor dabei war. Nun ja, dann geht es zum Jahreswechsel 2025/26 eben mal nach Frankreich.

Einstweilen wünsche ich Ihnen ein weiterhin schönes Wochenende!

Alexander Elbertzhagen
(Herausgeber smalltalk)

Tags: , , , , ,



Comments are closed.

Back to Top ↑

ronald paul yandere