Von Warner bis Sky und Joyn: Immer geht es um Inhalte
Die Bewegtbildwelt ist im Umbruch. Wer übernimmt Warner Bros. Discovery? Netflix oder Paramount? Entscheidend für den nachhaltigen Erfolg eines solchen Deals ist früher oder später die Resonanz beim Publikum. In einem jüngst erschienenen dpa-Interview betont ProSiebenSat.1-Manager Henrik Pabst die Bedeutung der angebotenen Inhalte. Der Kick-Media-Vorstandsvorsitzende Alexander Elbertzhagen sieht das ähnlich.
Liebe Freundinnen und Freunde des smalltalk,
noch am vergangenen Wochenende schien der Deal sicher: Netflix kauft Warner Bros. Discovery für 83 Milliarden Dollar. Doch dann kam Konkurrent Paramount aus der Deckung und bot 108 Milliarden für die Übernahme des Konkurrenten. Wie geht es jetzt weiter? Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten?
US-Präsident Donald Trump schien die Übernahme durch Netflix jedenfalls nicht recht zu passen. Er äußerte Bedenken. Wegen der zu hohen Machtkonzentration. Ob er das auch noch so sieht, wenn Paramount am Ende die Nase vorn hat? Immerhin gehört dieses Unternehmen der Familie des als Trump-Unterstützer bekannten Software-Milliardärs Larry Ellison. Das erinnert Beobachter wie mich an die Zeiten von Leo Kirch, der einmal bekannte: „Richtig ist, dass es mein schönster Traum wäre, ein Monopol zu haben.“
Investitionen ins Geschäft mit bewegten Bildern konzentrieren sich derzeit aufs Streaming. Denn das verspricht die höchsten Zuwächse. Hier geht es nicht um Einnahmen aus dem Werbemarkt, der im Bereich des klassischen Fernsehens schrumpft, sondern um Abonnenten, die regelmäßig überweisen. Das lässt sich ziemlich sicher kalkulieren. Voraussetzung ist natürlich, dass das Angebot, also der Content, stimmt.
Die Kombination aus verlässlichen Einnahmen und attraktivem Content, macht eine Übernahme von Warner Bros. Discovery ja auch so begehrenswert. Selbstverständlich sind diese Marktmechanismen den hiesigen Medienhäusern ProSiebenSat.1 und RTL Deutschland nur allzu bekannt. Dass ProSiebenSat.1 seit Kurzem zum italienischen Konzern Media for Europe (MFE) gehört und Bertelsmann dabei ist, RTL den Pay-TV-Anbieter Sky an die Seite zu stellen, könnte diese Unternehmen in die Lage versetzen, zumindest auf dem heimischen, europäischen Markt eine Chance gegen die Übermacht aus Übersee zu haben.
Doch die vergrößerten Strukturen werden nicht reichen. Entscheidend ist auch hier wieder der gute alte Content. Gute, relevante Stoffe in erstklassiger, wettbewerbsfähiger Umsetzung. Filme, Serien, Dokus, die die Welt bewegen – darum geht es. Der qualitative Vorsprung von Netflix ist da bereits gewaltig. Das reicht von Serien wie „Das Damengambit“, „Emily in Paris” und „Stranger Things“ bis hin zu Filmen wie Edward Bergers „Im Westen nichts Neues“ und Guillermo del Toros „Frankenstein“ oder der im deutschsprachigen Raum in vielerlei Hinsicht höchst erfolgreichen Dokumentation „Babo – Die Haftbefehl-Story“ von Sinan Sevinç und Juan Moreno.
Genau in diese Richtung dürfte sich beispielsweise die Inhaltestrategie von ProSiebenSat.1 unter dem Dach von MFE bewegen, wie einem kürzlich gegebenen dpa-Interview von Henrik Pabst, Chief Content Officer der Sendergruppe, zu entnehmen ist. „Content ist sehr wichtig, lokaler Content sehr wichtig, und Marktkenntnis in einem lokalen Markt ist wertvoll“, betonte er darin.
Man wolle sich nun auf das konzentrieren, was das Unternehmen am besten könne: „gute Programme für unsere Zuschauer zu machen“. Da spiele Streaming eine zentrale Rolle – und die Kooperation mit anderen Anbietern, was auch in Richtung Öffentlich-Rechtliche gelte, so Pabst: „ARD und ZDF sind großartige Partner für uns. Wir hoffen, künftig mehr mit den Kolleginnen und Kollegen zusammenzuarbeiten.“
Wie die Perspektiven beim Thema RTL/Sky aussehen, wird sich wohl bald zeigen. Momentan kamen aus Köln vor allem Nachrichten über den Abbau von Jobs – während MFE aus Mailand laut „Der Standard“ signalisierte, dass es bei ProSiebenSat.1 zumindest „zum jetzigen Zeitpunkt keine Entlassungen“ geben werde.
Auf alle Fälle drücke ich den deutschen Marktteilnehmern kräftig die Daumen, dass ihnen der Paradigmenwechsel vom linearen Fernsehen zum Streaming mit nachhaltigem Erfolg gelingt. Und ich hoffe mal, dass sie das mit den Inhalten wirklich ernst meinen. Ob die aktuelle Medienpolitik da hilft? Die Interessenvertretung Produktionsallianz sieht das, vorsichtig ausgedrückt, eher kritisch. CEO Michelle Müntefering hält die von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer angekündigten Investitionsmilliarden sogar für eine „Mogelpackung“.
Fest steht: Angesichts der dynamischen Lage, die sich nicht zuletzt beim Tauziehen um Warner Bros. Discovery zeigt, sind rasche Entscheidungen geboten.
Ich wünsche Ihnen ein weiterhin schönes drittes Adventswochenende!
Alexander Elbertzhagen
(Herausgeber smalltalk)
PS: Ein Thema der vergangenen Woche war auch Thomas Gottschalks Abschied von der großen Showbühne. Nicht nur er hatte sich diesen ursprünglich wohl ganz anders vorgestellt. Gemeinsam mit meiner Vorstandskollegin Petra Mauß und der von uns gemanagten Michelle Hunziker durften wir eine ganze Weile mit ihm bei „Wetten, dass..?“ sehr erfolgreich zusammenarbeiten – in überwiegend erfrischender und harmonischer Atmosphäre. Nun wünsche ich Thomas vor allem eine gute und vollständige Genesung und ein entspanntes Privatleben.


