Film Der Filmemacher Philipp Humm hat beide Teile von Goethes „Faust“ als Spielfilm inszeniert. Gestern feierte „Der letzte Faust“ in Düsseldorf seine Deutschland-Premiere. Ab dem heutigen 19. Januar ist der Film bei MagentaTV abrufbar. (Foto: smalltalk)

19. Januar, 2023

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„Der letzte Faust“: MagentaTV startet Klassiker-Streaming

Der Filmemacher Philipp Humm hat beide Teile von Goethes „Faust“ als Spielfilm inszeniert. Gestern feierte „Der letzte Faust“ in Düsseldorf seine Deutschland-Premiere. Ab dem heutigen 19. Januar ist der Film bei MagentaTV abrufbar.

In Deutschland steht derzeit vieles auf dem Prüfstand. Das gilt nicht nur ökonomisch, ökologisch, politisch und militärisch, sondern auch kulturell. Spätestens im Sommer letzten Jahres sorgte beispielsweise die Meldung für Unruhe, dass Goethes „Faust“ an deutschen Schulen keineswegs mehr Pflichtlektüre ist. Das sei, als würde man in England Shakespeare von den Lehrplänen verbannen. Diesen Zusammenhang stellte der ehemalige Unternehmensberater und frühere T-Mobile-Manager Philipp Humm gestern Abend in Düsseldorf her. Humm, der mittlerweile als Künstler und Filmemacher arbeitet, präsentierte im dortigen Bambi-Kino die Deutschland-Premiere seines Films „Der letzte Faust“.

„Das Problem ist, dass Goethe ein Stück geschrieben hat, das man nicht spielen kann“, so Humm. Zur Erinnerung: Theater-Legende Peter Stein führte das Gesamtwerk einst im Rahmen der Expo 2000 in Hannover auf und kam dabei auf eine Spielzeit von 14 Stunden. Harter Tobak! Humm setzt dagegen auf eine kompakte Variante: „Mein Ziel war es, das unter zwei Stunden zu kriegen.“ Es wolle damit einen Beitrag leisten, dass man sich mit diesem Werk wieder beschäftigt. Vielleicht könne sein Film ja dazu motivieren, an einem regnerischen langen Abend „Faust II“ zu lesen. „Das wäre auf alle Fälle ein Erlebnis und sehr bereichernd.“

Phillipp Humms Trick beim Umgang mit der gewaltigen Textmenge von 12.110 Versen ist, dass er Goethes Handlung in einen Rahmen packt, wodurch eine gut konsumierbare Verdichtung von rund 100 Minuten entstand. In der dramaturgischen Einfassung übernimmt ein Tech-Manager namens Dr. Goodfellow die Rolle des Erzählers. Diese von dem englischen Schauspieler und Dramatiker Steven Berkoff gespielte Figur führt im Gespräch mit einem Roboter (Edwin De La Renta) durch Fausts Werdegang: Der intellektuell und auch sonst unzufriedene und unbefriedigte Titelheld (Martin Hancock) geht seinen verhängnisvollen Pakt mit dem Teufel Mephisto (Glyn Dilley) ein – und schon kommt das Ganze ins Rollen. Auf dem Spiel steht nichts Geringeres als das Überleben der Menschheit.

Philipp Humm betont die Aktualität des Stücks und legt besonderen Wert auf „Der Tragödie zweiten Teil“. Dabei konzentriert er sich auf die bereits im Original angelegten Themen, wie die Schaffung eines künstlichen Übermenschen, Krieg, Naturzerstörung und mit Blick auf die Gretchen-Szenen auch die MeToo-Debatte. Demnach hat man sich im 21. Jahrhundert längst mit dem Teufel eingelassen. „Der faustische Pakt ist ein Pakt, den wir jeden Tag eingehen, insbesondere in einer technologieverliebten Welt, in der wir heute sind“, so Humm. Mittlerweile seien die Nachteile vieler Technologien kaum noch beherrschbar. Der Regisseur gibt zu bedenken, dass wir „über Technologien verfügen, die individuell schon ein enormes Zerstörungspotenzial haben, so dass die Summe der Fehlermöglichkeiten exponentiell steigt“. Aber es gibt natürlich auch Hoffnung: „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen“, erklären die Engel am Schluss des zweiten Teils.

Als anregender filmischer Einstieg in die Welt von Goethes Opus magnum funktioniert Humms mit durchweg einleuchtenden Aktualisierungen versehene, ursprünglich auf Englisch gedrehte Interpretation des Klassikers perfekt. Ab dem heutigen 19. Januar steht sie bei MagentaTV zu Verfügung. In der deutschen Fassung ist übrigens der 2021 verstorbene Volker Lechtenbrink in einer seiner letzten Synchronrollen zu hören.

Foto © smalltalk

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