Print Für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „BARBARA“ traf Editor at Large Barbara Schöneberger die Geigerin Anne-Sophie Mutter. Die beiden Frauen sprechen über den Biss, den man im Leben braucht, übers Älterwerden und darüber, wie Mutter einst Herbert von Karajan versetzte. (Foto: The Japan Art Association/The Sankei Shimbun)

2. März, 2023

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Anne-Sophie Mutter: „Wenn ich Musik mache, löst sich die Zeit auf“

Für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „BARBARA“ traf Editor at Large Barbara Schöneberger die Geigerin Anne-Sophie Mutter. Die beiden Frauen sprechen über den Biss, den man im Leben braucht, übers Älterwerden und darüber, wie Mutter einst Herbert von Karajan versetzte.

Corona, Krieg und all die anderen Krisen – auch in Deutschland haben viele Menschen gerade das Gefühl: Ich gehe auf dem Zahnfleisch. Sicherlich muss man nicht alles ertragen und sich auch nicht immer nur durchbeißen. Aber ohne einen gewissen Biss geht’s meistens nicht. „Al dente is the way to go. Bei Nudeln und dem Rest des Lebens“, empfiehlt jedenfalls Anne-Sophie Mutter. Die Weltklasse-Geigerin war jetzt bei Barbara Schöneberger zu Gast. Das dabei entstandene Interview gibt’s in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „BARBARA“.

„Das hat für mich mit Klarheit und Haltung zu tun, damit, wie man sich zu den Dingen des Lebens positioniert“, betont Mutter im Gespräch mit Schöneberger. Die Bereitschaft, der Wille, sich auf etwas einzulassen, sich für oder gegen etwas entscheiden zu können, sei dabei enorm wichtig. Als Musikerin beginne beispielsweise alles damit, sich auf Momente der Inspiration einzulassen. „Du musst die Kraft aufbringen, diesen Moment als etwas Gutes empfinden zu können“, sagt sie. „Den Flow zu bewahren, sich dafür zu entscheiden, ein Leben lang im Moment zu leben – das erfordert Energie. Und Willenskraft.“

All das sei allerdings nicht so leicht, gibt Anne-Sophie Mutter zu. „Der Impuls, vor Aufgaben zu fliehen, die mir viel zu groß erscheinen, ist mir alles andere als fremd.“ In dem Zusammenhang berichtet sie von dem ersten Vorspieltermin bei Stardirigent Herbert von Karajan. Damals sei sie blutjung gewesen und dem Treffen zunächst ausgewichen. „Beim ersten Anlauf bin ich nicht aufgetaucht, habe ausrichten lassen, dass ich in den Urlaub müsste.“ Beim zweiten Termin war sie schließlich mutig genug. Der Rest ist Musikgeschichte.

Die musikalische Gegenwart sieht der Weltstar offenbar nicht gerade rosig. „Das Problem ist, dass Musik, vor allem klassische, keine Rolle mehr spielt in unserer Gesellschaft“, konstatiert Mutter. „Sie gilt nicht mehr als die Notwendigkeit, die sie tatsächlich ist, und wird in ihren Elfenbeinturm eingesperrt. Die laute Inszenierung junger Künstler und Künstlerinnen ist der Versuch, die Musik da wieder rauszuholen.“ Dabei sei das „Marktgeschrei“ aus ihrer Sicht manchmal etwas zu laut und unauthentisch. „Echt schade“, so die Grammy-Gewinnerin.

Im Juni wird Anne-Sophie Mutter 60, ein Ereignis, auf das sie sich freue. Dabei gehe es ihr nicht ums Innehalten und Bilanzziehen. „Ich feiere wahnsinnig gern, auch grundlos“, sagt sie. „Und das ist doch mal wieder ein guter Anlass.“ Für sie sei das Leben ganz einfach ein Riesengeschenk. „Wer sich darüber beschwert, dass er 60, 70, 80 wird, ist vor allen Dingen undankbar.“ Für sie gelte weiterhin: „Wenn ich Musik mache, wenn ich Konzerte spiele, dann löst sich die Zeit auf und verliert jede Bedeutung.“

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