18. Januar, 2021
0Wer improvisieren kann, ist klar im Vorteil
Coach Dirk Schulte vom Elementar-Institut und Axel Gundolf, ehemaliger TV-Chef der Fox Networks Group, wagen sich mit ihrer Podcast-Reihe ins Ungewisse. Für Corona-Zeiten ist ihr Ansatz wie geschaffen. Die beiden sind sicher: „Mit der Haltung der Improvisation gehen Menschen und Organisationen aufmerksamer, kreativer und produktiver mit dem Unvorhersehbaren um.“
„Ja, mach nur einen Plan! / Sei nur ein großes Licht! / Und mach dann noch ’nen zweiten Plan / Geh‘n tun sie beide nicht“, schreibt Bertolt Brecht in seiner „Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens“. Zwar ist komplette Planlosigkeit selbstverständlich auch keine Lösung und vieles lässt sich durchaus bewusst vorbereiten, weil es zugegebenermaßen schon bis zu einem sehr hohen Grad vorhersagbar ist. Aber das ist eben nicht immer so. Was ist mit dem Unvorhergesehenen, das uns gerade jetzt immer wieder in die Quere kommt? Die „Unzulänglichkeit menschlichen Planens“ eröffnet uns andererseits auch jede Menge Chancen. Wer diese ergreifen will, sollte das „Unvorhergesehene“ ganz einfach als Prinzip nutzen. Folgt man der Rückübersetzung dieses Wortes aus dem Lateinischen, landet man rasch bei der „Improvisation“. Und tatsächlich lehrt das Leben: Wer improvisieren kann, ist klar im Vorteil.
Improvisieren ist dabei keine Fähigkeit, die lediglich den Sphären der Kunst vorbehalten ist. Denn letztlich geht’s um Spontaneität, darum unmittelbar auf gegebene Situationen zu reagieren und dadurch zu agieren. Das betrifft nicht nur den Job von Leuten wie Eric Clapton, Till Brönner oder die deutsche Fußballnationalmannschaft, sondern im Grunde auch jede/n Entscheidungsträger/in Wirtschaft und Politik. Bei den zuerst Genannten liegt die Notwendigkeit der Improvisation auf der Hand, zur DNA von Managern gehört sie auf den ersten Blick nicht unbedingt. Doch fest steht, dass die Prinzipien der Improvisation auch ihnen dabei helfen, agil zu sein, unterschiedlichste Potenziale zu aktivieren und dadurch am Ende beispielsweise die Wertschöpfung zu erhöhen. Und wie das geht, kann man lernen.
Dirk Schulte, Trainer, Berater, Coach und Leiter des Elementar-Instituts in Wohltorf bei Hamburg, hat sich gemeinsam mit Axel Gundolf, dem ehemaligen TV-Chef der deutschen Fox Networks Group, auf das Thema spezialisiert. „Mit der Haltung der Improvisation gehen Menschen und Organisationen aufmerksamer, kreativer und produktiver mit dem Unvorhersehbaren um“, so Gundolf zu Beginn ihrer Podcast-Reihe „Auf ins Ungewisse“ (zu hören über elementar-institut.de sowie Spotify, Apple Podcasts, Amazon Music etc.). Seit dem heutigen 18. Januar gibt’s übrigens wieder eine neue Ausgabe.
Schulte und Gundolf waren nicht nur selbst im Management tätig, sondern verfügen auch über einschlägige Erfahrungen im Bereich Improvisationstheater. In ihrem Podcast verbinden sie beides. Dabei kommen sie auch um die gegenwärtige Corona-Situation nicht herum. Denn wann, wenn nicht jetzt, ist bei aller Planbarkeit die Kunst des Improvisierens gefragt? Zum Beispiel beim Thema Homeoffice. „Hier haben sich viele Verantwortliche schwergetan, ihren Mitarbeitern das sozusagen zu erlauben – immer mit dem Gedanken, dass man die ja dann nicht mehr so richtig kontrollieren kann“, sagt Axel Gundolf. Dabei seien die Erfahrungen der Wirtschaft mit dem Homeoffice meist sehr gut gewesen. Man brauche keinen „Wachhund“: „Also Vertrauen ist gut und Kontrolle ist dann eben nicht besser sondern schlechter.“ Das Abgeben von Kontrolle setze eben auch Kreativität frei, betont Dirk Schulte. „Wenn ich immer nur das mache, was sich sicher anfühlt, dann wird nie etwas Neues entstehen.“
Diese und viele weitere Vorteile der Improvisation gegenüber einem strengen Festhalten an Plänen, die sich angesichts sich ständig ändernder Rahmenbedingungen ohnehin kaum umsetzen lassen, diskutieren Schulte und Gundolf in ihrer Podcast-Reihe. Vom Theater lässt sich also durchaus auch in der Wirtschaft lernen. Zu Corona-Zeiten sowieso. Denn nicht nur Brecht, auch schon William Shakespeare kannte die Wechselwirkungen zwischen Leben und Bühne: „Die ganze Welt ist Bühne“, heißt es im „Hamlet“, „und alle Frauen und Männer bloße Spieler.“