Print ist tot? Print lebt!
Print ist nicht tot. Auch wenn die aktuellen IVW-Zahlen für viele Titel nicht gut aussehen. Naturgemäß betonen Branchenvertreter, dass ihre Produkte trotzdem wichtig sind. Und falsch liegen sie damit nicht. Die Zahlen der aktuellen Reuters-Studie belegen, dass beispielsweise regionale Tageszeitungen zwar ein Auflagen- aber kein großes Glaubwürdigkeitsproblem haben. Print kann für „Glaubwürdigkeit und echte Geschichten“ stehen, machte jüngst „Bild der Frau“-Chefredakteurin Sandra Immoor in einem WDR-Interview deutlich. Kick-Media-Vorstandschef Alexander Elbertzhagen hat genau hingehört und outet sich als verlässlicher Print-Fan.
Liebe Freundinnen und Freunde des smalltalk,
in dieser Woche machte die IVW, also die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern, klar, was auf dem deutschen Printmarkt Sache ist. Und die Sache ist: Es geht abwärts. Die in dem Bericht in Form von Kurven dargestellten Auflagenzahlen für das zweite Quartal 2025 zeigen von links oben nach rechts unten.
Doch wo Schatten ist, ist bekanntlich auch Licht. Denn schaut man sich die Zahlen etwas genauer an, so ist nicht alles schlecht. Das gilt zum Beispiel für „Die Zeit“. Digital-Abos mit E-Paper-Zugriff sei Dank. Print ist also nicht tot. Jedenfalls nicht überall. Denn schließlich ist „E-Paper“ ja irgendwie auch „Paper“, also Print. Entscheidend ist der Titel, die Marke, der die Leserinnen und Leser vertrauen.
Auch die gute alte „Hörzu“ ist so ein Fall. Die aktuellen IVW-Zahlen weisen zwar auch bei Deutschlands dienstältester Programmzeitschrift ein Minus aus (-3,6 Prozent), aber das Blatt ist weiterhin höchst relevant. „Hörzu“ ist die mit 634.736 Heften hierzulande meistverkaufte wöchentlich erscheinende Zeitschrift überhaupt.
Warum ist das so? Erst einmal, weil die Marke nächstes Jahr stolze 80 Jahre wird und insofern ziemlich etabliert ist. Das kann schon mal helfen. Wichtig ist allerdings, dass sich „Hörzu“ einerseits als Marke treu bleibt, sich aber andererseits ständig weiterentwickelt und verändert. „Wir sind der Leuchtturm und Navigator, der durch die Bewegtbildwelt führt“, erläuterte Chefredakteur Christian Hellmann Anfang des Monats in einem ausführlichen Interview mit „turi2“.
Orientierung und Anregungen geben, informieren und einordnen – das ist auch das, was die Zeitschrift „Bild der Frau“ bis heute so erfolgreich macht. „Glaubwürdigkeit und echte Geschichten sind enorm wichtig in Zeiten von KI und Co.“, betonte Chefredakteurin Sandra Immoor am vergangenen Wochenende im WDR-Interview. Zugegeben, auch bei ihrem Blatt gehen die Auflagenzahlen runter. Doch unter den mehr als 200 Frauenzeitschriften hierzulande ist „Bild der Frau“ mit etwas mehr als 300.000 verkauften Heften immer noch die Nummer 1.
Auch Lokalzeitungen stehen weiterhin hoch im Kurs. Und sie dürfte es noch lange geben. Schließlich erfüllen sie eine wichtige Funktion. Man will doch wissen, wie es dem Nachbarn geht, welche neuen Geschäfte es gibt und vor allem was in der Lokalpolitik los ist. Print gilt seit geraumer Zeit als abgeschrieben, ist aber doch ziemlich lebendig – wenn die entsprechenden Medien denn gepflegt werden. Das bedeutet: Die Zeitungs- und Zeitschriftenmacher müssen für ihre Marken – ob buchstäblich gedruckt oder digital – mit frischen Ideen versorgt bzw. in die Lage versetzt werden, ihre Ideen auch umzusetzen.
Aus dem bereits am vergangenen Samstag an dieser Stelle genannten „Reuters Institute Digital News Report 2025“ geht hervor, dass zum Beispiel Regionalzeitungen wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“, die „Rheinische Post“ oder die „Leipziger Volkszeitung“ ein vergleichsweise hohes Vertrauen genießen. Immerhin 63 Prozent der Menschen halten sie für glaubwürdig. Damit liegt die regionale Presse direkt hinter der ARD-„Tagesschau“ (65 Prozent) und gleichauf mit der ZDF-„heute“-Sendung.
Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Menschen immer häufiger Nachrichten aus dem Weg gehen, weil sie vor allem bad news vermeiden wollen, wäre es für das krisengeschüttelte Mediengeschäft auch mal schön, auf good news zu setzen. Auch wenn es entwicklungspsychologisch fundiert immer wieder heißt, dass der Mensch auf Schlechtes besser anspringe, als auf Gutes.
In einem Leitartikel der aktuellen „Zeit“ ist zu lesen, die Medienöffentlichkeit, trage durchaus zur miesen Stimmung im Lande bei, weil sie zunehmend „in die intellektuelle Fast-Food-Produktion abzurutschen“ drohe. Da werde jeder „Empörungsheißhunger im Publikum“ erspürt, der dann sofort bedient werde – „schnell und heiß und fettig“. Genau das nervt. Denn auf der Strecke bleiben dabei erstens das Wesentliche und zweitens die guten Nachrichten. Ein zumindest hin und wieder anders ausgerichteter Fokus könnte nicht nur den Medien einen Schub geben.
Einstweilen wünsche ich Ihnen ein weiterhin schönes Wochenende!
Alexander Elbertzhagen
(Herausgeber smalltalk)