28. Oktober, 2024
0HAEVN: „Leise ist das neue Laut“
Popmusik kann erfolgreich sein, ohne dass gleich Rabatz gemacht werden muss. Das zeigt die Band HAEVN aus den Niederlanden recht eindrucksvoll. In der vergangenen Woche erschien ihr neues Album „Wide Awake“ – und landete als am höchsten platzierte heimische Neuveröffentlichung in den niederländischen Charts. In Deutschland gab das „dynamische Kollektiv“ (HAEVN über HAEVN) nun sein Charts-Debüt. Gerade waren der Gitarrist und Sänger Marijn van der Meer, Keyboarder Jorrit Kleijnen und ihre Mitstreiter für vier zum Teil ausverkaufte Shows in Hamburg, Berlin, Leipzig und Köln unterwegs. Doch was ist dran an den sympathischen Holländern, deren sensibler, ruhiger Sound langsam aber sicher Menschen in ganz Europa begeistert? Eine musikalische Antwort geben HAEVN selbst am morgigen 29. Oktober im morgendlichen ZDF-„MoMa Café“. Zum Kennenlernen gibt’s hier schon mal ein exklusives smalltalk-Interview.
Jorrit, du bist als Komponist von Film-Soundtracks erfolgreich und du, Marijn, ein klassischer Singer-Songwriter. Wie sieht das eigentlich aus? Bildet ihr mit euren musikalischen Mitstreitern eine feste Band? Oder seht ihr HAEVN eher als Duo-Projekt?
Jorrit Kleijnen: HAEVN war schon immer eher ein kollaboratives Projekt, bei dem wir verschiedene musikalische Einflüsse, Instrumente und Stimmen einbeziehen. Im Kern entsteht unsere Musik meist aus den Synergien zwischen uns beiden. Aber wir wollen unseren Sound auch erweitern, indem wir andere Musiker einbeziehen. Auf unserem neuen Album „Wide Awake“ gibt es zum Beispiel zwei Duette, wodurch sich die Tiefe und das Gefühl der Musik noch verstärken. Außerdem sind wir immer offen dafür, Instrumente zu wechseln und Gastkünstler einzubinden. Uns ist es wichtig, immer wieder neue Vibes zu erforschen. Genau das macht HAEVN zu einem Projekt, das sich ständig weiterentwickelt. Egal ob wir auf Tournee oder im Studio sind: Es fühlt sich eher wie ein dynamisches Kollektiv als eine feste Band oder einfach nur ein Duo an.
In den Niederlanden war euer aktuelles Album „Wide Awake“ letzte Woche die am höchsten platzierte heimische Neuveröffentlichung. Auch bei uns in Deutschland läuft’s mit Platz 35 gut. Die Zahlen bei Youtube oder Streamern wie Apple Music sind ebenfalls ziemlich gut. Werden wir hier in Zukunft mehr von euch hören?
Marijn van der Meer: Wir touren seit drei Jahren durch Deutschland, und jedes Mal, wenn wir hier spielen, fühlen wir uns sehr willkommen. Die Verbindung zu unserem deutschen Publikum ist eine sehr schöne Sache. Es ist wirklich etwas Besonderes, zu erleben, wie gut unsere Musik hier ankommt. Wir freuen uns jedenfalls darauf, im Februar für weitere Konzerte wiederzukommen. Auch für die nächsten Jahre planen wir bereits neue Auftritte. Unsere Musik mit dem deutschen Publikum zu teilen, ist immer ein Highlight für uns. Die Antwort auf deine Frage ist also: Ihr könnt definitiv erwarten, in Zukunft mehr von uns zu hören!
Reagiert das deutsche Publikum eigentlich anders als das niederländische?
Marijn van der Meer: Die letzte Tour war ein absoluter Traum. Wir haben in einigen wunderschönen Hallen in Berlin, Hamburg, Leipzig und Köln gespielt. Das war eine unglaubliche Erfahrung. Dabei haben wir aber ehrlich gesagt keine großen Unterschiede zwischen dem Publikum in den Niederlanden und in Deutschland bemerkt. In beiden Ländern sind die Leute sehr aufmerksam und lassen sich intensiv auf die Musik ein, was wir sehr zu schätzen wissen. Es ist schon erstaunlich zu sehen, wie viele Leute in Deutschland unsere Musik kennen und während der Shows mitsingen. Das ist sehr bewegend und überrascht uns jedes Mal aufs Neue.
In dem Song „Great Mother“, der Singleauskopplung des Albums, habt ihr u.a. mit dem aus Mosambik stammenden Musiker Neco Novellas zusammengearbeitet. Wie kam es dazu? Sind weitere Kooperationen denkbar?
Jorrit Kleijnen: Wir hatten bereits bei unserem Song „Trade It for the Night“ mit Neco Novellas zusammengearbeitet. Das war eine wirklich tolle Erfahrung. Danach war uns klar: Wir wollen wieder zusammenarbeiten. Necos Stimme ist einfach nicht von dieser Welt. Er ist ein großartiger Musiker und er bringt in jedes Projekt eine ganz eigene Energie ein. Wir haben dann beschlossen, gemeinsam einen neuen Song zu schreiben, und so entstand „Great Mother“. Wir sind auch in Deutschland mit ihm auf Tournee gewesen. Wenn er dann zu uns auf die Bühne kommt, ist das für das Publikum, aber auch für uns selbst, jedes Mal ein sehr besonderer Moment. Neco ist wirklich ein unglaublicher Künstler, und wir hoffen, dass wir in Zukunft mehr mit ihm zusammenarbeiten werden.
Eure Songs wirken durch ihre musikalische und lyrische Qualität, durch ihre unaufgeregte Art wie eine akustische Oase in der orkanhaften Aufgeregtheit der Gegenwart. Wie schafft man es, angesichts all der Kriege und Katastrophen so die Ruhe zu bewahren?
Marijn van der Meer: Für uns ist das Musikmachen in erster Linie ein Weg, selbst zur Ruhe zur kommen. Wir leben tatsächlich in einer ziemlich schnelllebigen, oft überwältigenden Welt. Angesichts dieser Situation haben wir uns die Idee zu eigen gemacht: „Leise ist das neue Laut.“ Mit unserer Musik und unseren Live-Shows würden wir gerne den Menschen die uns zuhören, einen Moment zum Innehalten geben. Es geht um die Möglichkeit, mal aus dem Chaos auszusteigen und sich für eine Weile wegzuträumen.
Jorrit Kleijnen: Wichtig ist uns, einen Raum der Ruhe zu schaffen – sowohl für uns selbst als auch für andere. Das Besondere am Sound von HAEVN ist aber, dass es dabei nicht nur darum geht, eine Stimmung zu erzeugen. Wir wollen einen Ort der Reflexion und des Friedens schaffen, inmitten all dessen, was um uns alle herum gerade passiert.