Musik Heute veröffentlicht Chilly Gonzales „A Very Chilly Christmas“, ein Weihnachtsalbum der anderen Art. Darauf spielt der kanadische Grammy-Gewinner Klavier – und ebenso virtuos mit konventionellen Erwartungen. Zu den Mitwirkenden gehören Britpop-Legende Jarvis Cocker und die Singer-Songwriterin Feist. (Foto: Anka)

13. November, 2020

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Chilly Gonzales: Weihnachten gegen den Strich gebürstet

Heute veröffentlicht Chilly Gonzales „A Very Chilly Christmas“, ein Weihnachtsalbum der anderen Art. Darauf spielt der kanadische Grammy-Gewinner Klavier – und ebenso virtuos mit konventionellen Erwartungen. Zu den Mitwirkenden gehören Britpop-Legende Jarvis Cocker und die Singer-Songwriterin Feist.

Die seit Ende des Sommers in den Geschäften bereitliegenden Lebkuchenherzen und Schokoladennikoläuse mögen einem schon ziemlich unzeitgemäß vorgekommen sein – doch das Jahr schreitet voran. Und so langsam deutet sie sich wirklich an, die gute alte Weihnachtszeit. Jetzt passt’s also, wenn Musiker ihre Weihnachtsalben auf den Markt bringen. Zur allgemeinen Überraschung gibt’s in diesem Metier ab dem heutigen 13. November nun auch einen eher unerwarteten Beitrag des Pianisten Chilly Gonzales. Unter dem Titel „A Very Chilly Christmas“ veröffentlicht der kanadische Grenzgänger zwischen Klassik, Jazz, Punk und Avantgarde heute ein Weihnachtsalbum der anderen Art. Als Gaststars sind Britpop-Legende Jarvis Cocker und die kanadische Singer-Songwriterin Feist mit von der Partie. Zusätzliche instrumentale Akzente setzen u.a. Stella Le Page am Cello und Brigitte Schreiner an der Flöte.

„Irgendwie habe ich dieses Album schon mein ganzes Leben lang vorbereitet“, gesteht Chilly Gonzales. „Immer wenn ich in der Weihnachtszeit Leute besuche, die ein Klavier zu Hause haben, bin ich der Typ, der sich dann daran setzt und das gemeinsame Singen begleitet.

Chilly Gonzales wäre allerdings nicht Chilly Gonzales, wenn er das weihnachtliche Liedgut nicht auf seine ihm eigene Art bearbeiten würde. Beim privaten Musizieren habe er im Laufe der Jahre einige kleine Tricks entwickelt, die wirklich Spaß machen. Genau diesen Spaß macht der Grammy-Gewinner auf „A Very Chilly Christmas“ mit jedem einzelnen Track spürbar. Denn er bürstet das Repertoire gegen den Strich, ändert Takt- und Tonarten, behandelt aber dabei jedes Stück mit größtem Respekt. Ob „Stille Nacht“ und „Jingle Bells“ in Moll oder „Last Christmas“ als impressionistisches Pastiche sowie ein cool synkopiertes „O Tannenbaum“ – jedes Mal lässt Gonzales konventionelle Erwartungen rücksichtslos ins Leere laufen. Und das Ergebnis ist letztlich trotzdem weihnachtlich schön und auf geniale Weise schlicht.

„A Very Chilly Christmas“ versammelt immer wieder überraschende, überwiegend instrumentale und für Solo-Piano ausgelegten Bearbeitungen von insgesamt 15 Titeln. Dabei scheint beispielsweise das choralartige „O Come, All Ye Faithful“ („Adeste fideles“) nur im ersten Moment streng traditionell. Denn Chilly Gonzales gewinnt dem Klassiker harmonisch und klanglich völlig neue Facetten ab. Gleiches gilt für die gemeinsam mit Jarvis Cocker präsentierte Version des wohl englischsten Weihnachtshymnus‘ überhaupt: „In the Bleak Midwinter“. Anders als erwartet kommen auch bekannte Evergreens wie „Jingle Bells“, „Last Christmas“ und nicht zuletzt Mariah Careys „All I Want for Christmas Is You“ daher. Zu den emotionalen Höhepunkten des Albums zählt wohl die Bearbeitung des tief melancholischen Adventslieds „Maria durch ein Dornwald ging“.

„A Very Chilly Christmas“ ist ein mit großem musikalischem Sachverstand konzipiertes weihnachtliches Patchwork-Projekt, das Tradition und Avantgarde, Kunst und Entertainment überzeugend zusammenführt. „Weihnachten ist eine Zeit im Jahr, in der wir uns gezwungen fühlen, bestimmte Dinge zu fühlen – auch als Konsumenten“, gibt Chilly Gonzales zu bedenken. „Das ist für viele Menschen nicht einfach. Sie haben da so eine Art Hassliebe gegenüber Weihnachten. Ich glaube, dass ich dieses Gefühl mit meiner Musik wiedergeben wollte.“

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