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12. Juli, 2021

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Robby Hunke: „Was Italien abgerissen hat, ist unglaublich“

Die um ein Jahr verschobene „UEFA Euro 2020“ ist am Sonntagabend zu Ende gegangen. Die italienischen Fußballer sicherten sich im Elfmeterschießen gegen England den Europameistertitel. Der bekannte Sportjournalist Robby Hunke hat das paneuropäische Turnier, das in zehn Ländern ausgetragen wurde, intensiv verfolgt. Im Interview mit smalltalk zieht er seine ganz persönliche EM-Bilanz.   

Herr Hunke, hat aus Ihrer Sicht tatsächlich die beste Mannschaft des Turniers gewonnen?

Robby Hunke: Ja, was Italien abgerissen hat, ist unglaublich. Ein Team, das 2018 nicht einmal an der Weltmeisterschaft teilgenommen hat, weil es nicht gut genug war. Dann kam Trainer Roberto Mancini und hat „La Squadra“ diesen wirklich herausstechenden Teamgedanken eingepflanzt. Vom ersten Moment an war Italien total entschlossen und dabei locker und sympathisch.

Welche Mannschaft hat Sie bei der Europameisterschaft am meisten überrascht?

Robby Hunke: Dänemark. Nach dem Drama um Christian Eriksen so zurückzukommen – unglaublich. Ein sympathisches Völkchen diese Dänen, deren Euphorie sie bis ins Halbfinale getragen hat. Diese Mannschaft hat Werbung gemacht für Menschlichkeit und Zusammenhalt. Mein nächster Sommerurlaub geht auf jeden Fall nach Skandinavien.

Deutschland ist bekanntlich bereits im Achtelfinale ausgeschieden. Was waren Ihrer Meinung nach die wesentlichen Gründe für das schwache Abschneiden der Löw-Elf?

Robby Hunke: Man muss es leider so deutlich sagen: Der Hauptgrund für das deutsche Ausscheiden ist Joachim Löw. Er hätte spätestens nach der WM zurücktreten müssen. Ich habe keine klare Spielidee gesehen. Letztlich ist der Umbruch misslungen. Okay, immerhin hat er ihn grob eingeleitet. Aber er hat abgesehen vom einzigen Sieg gegen Portugal alle Spiele vercoacht. Was Löw für den deutschen Fußball geleistet hat, ist unvergessen und unbezahlbar. Leider hat er seine herausragenden Fußballideen in den letzten Jahren nicht mehr so weiterentwickelt. Dennoch findet sein Nachfolger Hansi Flick ein relativ gut bestelltes Feld vor.

Die an einigen Spielorten prall gefüllten Stadien ohne erkennbare Einhaltung eines Hygienekonzepts haben für Diskussionsstoff gesorgt. Wie haben Sie persönlich diese Bilder empfunden?

Robby Hunke: Furchtbar! Ja, es ist einfach „schöne bunte Bilder“ mit vollen Stadien zu verkaufen. Aber wer trägt die Konsequenzen? Wer zahlt für die Party und den Kater danach? Die Infektionszahlen, die auf das Turnier zurückzuführen sind, gehen hoch. Die UEFA hat sich hinter den Regierungen Englands und Ungarns versteckt, die so viele Zuschauer in die Stadien ließen.

Ansonsten war es eine überraschend politische EM – vom Kniefall als Zeichen gegen Rassismus bis hin zur Regenbogen-Debatte in München. Erwarten Sie, dass dieser Trend im Fußball weiter anhält? 

Robby Hunke: Die Szene des Turniers bleibt für mich Leon Goretzkas Herz für mehr Liebe statt Hass gegenüber der in Teilen offensichtlich faschistoiden ungarischen Fanszene. Allerdings hat diese paneuropäische EM auch Gräben aufgezeigt, statt Europa zu einen. Ein Spiegelbild Europas. Ich habe Pfiffe und Buhrufe bei Hymnen oder dem Kniefall gehört. Einige wenige positive Beispiele bleiben, aber letztlich wird die Stimme des Geschäfts immer lauter sein als die der Menschenrechte, als die der Demokratie und der politischen Vernunft.

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ronald paul yandere